Kinder können Männer, die sie für ihren Erzeuger halten, nicht zum Vaterschaftstest zwingen. Dem stünden ihre Grundrechte entgegen, entschied das Bundesverfassungsgericht.
Das Bundesverfassungsgericht hat entschieden, dass eine Frau ihren vermuteten Vater nicht zu einem Gentest zwingen darf. Das am Dienstag verkündete Urteil bestätigt damit die geltende Rechtslage: Demnach haben nur der Vater, die Mutter und das Kind einer sogenannten rechtlichen Familie gegeneinander einen Anspruch auf einen DNA-Test. Biologische Erzeuger außerhalb einer Familie werden im Gesetz nicht genannt und können deshalb auch nicht zu einem Vaterschaftstest gezwungen werden.
Damit scheiterte eine 65-jährige Frau, die ihren mutmaßlichen, mittlerweile 88 Jahre alten Vater zu einem DNA-Test zwingen wollte. Der vermutete Vater, der einen Test ablehnt, steht außerhalb der Familie.
Dem Recht, die eigene Abstammung zu kennen, ständen die Grundrechte der anderen von einer Klärung Betroffenen entgegen, sagte Vizegerichtspräsident Ferdinand Kirchhof. Diese würden erheblich belastet. Bei ihm sind demnach durch den Wunsch der Frau das Recht auf informationelle Selbstbestimmung und das Recht auf körperliche Unversehrtheit betroffen. Zudem könne sowohl das Familienleben des Mannes als auch das Familienleben des Kindes und seiner rechtlichen Eltern betroffen sein.
Für die 65-Jährige aus Nordrhein-Westfalen war die Klage in Karlsruhe die letzte Chance, doch noch Gewissheit zu bekommen. Die Frau geht davon aus, dass der in Nordrhein-Westfalen regional bekannte Maler ihr Erzeuger ist. Ihn hatte ihre Mutter immer als den leiblichen Vater benannt. Der Mann hatte zudem die Hausgeburt des Mädchens 1950 beim Standesamt gemeldet und ihm Jahre später bei einem Zusammentreffen auch einige Zeilen in dessen Poesiealbum geschrieben. Die Vaterschaft erkannte er aber nie an.
Das Bundesverfassungsgericht überlässt damit Fragen zur Klärung einer Abstammung weitestgehend dem Gesetzgeber und gibt ihm dabei größeren Gestaltungsspielraum.
Bis Mitte 2017 werde im Bundesjustizministerium eine Arbeitsgruppe Abstammung ein neues Gesamtkonzept erstellen. Darin will der Gesetzgeber klären, wie der Anspruch auf Kenntnis der eigenen Herkunft vor dem Hintergrund neuer fortpflanzungsmedizinischen Möglichkeiten behandelt werden soll.